Ein Tisch ist ein Tisch ist von Arco

Jorre van Ast: Holländer, Designer, Familienunternehmer, ARCO-Chef – im Gespräch mit Barbara Benz

Mit gerade einmal 31 Jahren übernahm Jorre van Ast, Jahrgang 1980, in vierter Generation die Möbel-Manufaktur seiner Familie: ARCO. Die niederländische Premiummarke wurde weltbekannt mit funktionalem und dezentem Design in Holz. Ihre Tische werden als zeitlose Statement Pieces gehandelt. Im Interview mit Barbara Benz spricht Jorre van Ast über Design-Erbe, seine Erfahrungen mit Apple, die Bedeutung von Tisch und Zuhause – aber auch über ganz Privates. Als Vater ist der sympathische Holländer nämlich mit Herz und Seele Familienmensch. Nicht ganz unpraktisch als Chef einer Familienmarke.

Sie haben mit 31 Jahren die Firma ARCO von Ihrem Vater übernommen. War das von langer Hand geplant?

Nachdem ich Produktdesign studiert hatte, stand für mich fest, dass ich in meiner zukünftigen Arbeit Kreativität mit Technologie verbinden wollte. Natürlich hatte ich in meinem Studium keine Berührungspunkte mit Möbeldesign. Ich habe Fahrräder gestaltet und Verpackungslösungen für die Post entwickelt – aber immerhin auch Haushaltsgeräte.

Wald
Wald

Die Welt

hatte sich verändert

und ich war

darauf vorbereitet.

Interview
Interview
Tisch
Tisch
Tisch
Tisch

Wie lief die Übernahme?

Wir hatten eine intensive Übergangsphase, in der wir bemerkten, dass wir den gleichen Charakter teilen … Das führte zu der Erkenntnis, dass es nicht besonders clever wäre, dauerhaft zusammen zu arbeiten. Wir lieben und schätzen uns zwar. Aber irgendwann war für meinen Vater auch der Punkt erreicht, an dem er genug gearbeitet hatte. Er wollte, dass sich die Firma weiterentwickelt und Chancen ergreift. Die Welt hatte sich verändert und ich war darauf vorbereitet – jetzt bin ich in der Verantwortung.

Verändern Sie ARCO im Sinne Ihres Vaters oder gehen Sie ganz neue Wege?

Ich hatte natürlich vom Start weg eine Menge neuer Ideen. Und ich wollte alles anders machen als mein Vater. (lacht) – Nein, wir pflegen eine große Tradition und als ich zu ARCO kam, fand ich bereits eine schöne, sehr solide und gesunde Firma vor. Es gab keinen Grund für radikale Veränderungen. Aber ich gehöre eben einer anderen Generation an. Und deshalb möchte ich auf dem soliden Fundament aufbauen, jedoch mit zusätzlichen neuen Designern. Ich investiere viel Zeit und Energie in Kommunikation. Ich erzähle jedem von unserer Geschichte, unseren Produkten und der Qualität. 

Ich wollte

alles anders machen

als mein Vater.

Tisch
Tisch
Wald
Wald

Bei so viel Liebe zu Design und Geschichte, können Sie sich da überhaupt um die Zahlen im Geschäft kümmern?

Die Zahlen? Also ich kann zählen, falls Sie das meinen. (lacht) Ernsthaft. Eine der ersten Entscheidungen bei der Übernahme war, dass ich ARCO nicht alleine führen wollte. Ich bin ausgebildeter Designer und wollte daraus das Bestmögliche einbringen. Deshalb habe ich einen operativen Manager geholt, der sich auf seinen Bereich konzentriert. Und ich behalte meinen Fokus auf die Modelle und deren Entwicklung. Ich finde, dass wir ein tolles Team sind.

Haben Sie Streitpunkte wie „pro Digitalisierung oder pro Tradition“?

Wir dürfen nicht in Nostalgie verfallen und wir halten sicherlich nicht gegen die Digitalisierung an. Ich glaube an Handwerkskunst und Technologie. Keine der beiden Spezialisierungen allein wird uns weiterbringen. Die Herausforderung liegt in der perfekten Kombination.

Tisch
Tisch

Wir dürfen nicht

in Nostalgie verfallen.

Werkstatt
Werkstatt

Hat sich Apple deshalb für die Zusammenarbeit mit ARCO entschieden? Wie kam es dazu?

Alles begann mit einer kleinen Anfrage vonseiten Apple. Das ist jetzt fünf oder sechs Jahre her. Es ging dabei um unsere Essenza-Tische. Aber das Ganze entwickelte sich zu einer sehr ambitionierten Zusammenarbeit.

Worauf Sie sicherlich stolz sind. Wer darf schon die Apple Zentrale mit Tischen ausstatten? Waren Sie eigentlich schon mal dort in Palo Alto?

Oh ja.

Wie fühlten Sie sich dort?

Ich habe mich sofort verliebt. Es ist wie ein großer Park. Sogar im Gebäude haben sie viele schöne Bäume. Hinzu kommt noch, dass wirklich alles in diesem Gebäude einen Designhintergrund hat. Dort wurde über jedes Detail nachgedacht.

Tisch
Tisch

Haben Sie Ideen von dort bei ARCO eingebracht?

Ich könnte dort zwar sehr gut arbeiten. Aber Apples Konzept bei uns zu integrieren, das wäre zunächst eine Frage der Mentalität. Sie denken alles groß. Ich frage mich, ob das zu uns passt. Sie wollen immer das äußerst Mögliche erreichen. Und wenn das nicht geht, dann fragen sie unerbittlich nach dem Warum.

Und trotzdem hat Apple die klassischen Essenza-Tische ausgewählt …

Nicht nur. Apple bekam auch einige Sonderanfertigungen und sogar welche, die wir zusammen mit dem Architekturbüro Foster + Partners entwickelt haben. 

Liegt Ihnen persönlich die Essenza-Linie auch besonders am Herzen?

Ich liebe die neue Version mit dem tieferen Gestell und den Charakter, den ihre Holzsorten ausstrahlen. Das Modell Essenza erlebt gerade eine Renaissance, es wird ja seit gut 18 Jahren produziert. Durch die Zusammenarbeit mit Apple begann sozusagen ihr zweites Leben. Denn seit diesem Tag erhielten wir haufenweise Anfragen nach Sonderausführungen und Maßanfertigungen. Und das obwohl vor 18 Jahren große Tische, an denen sich das ganze Leben abspielt, noch keine solche Bedeutung genossen wie heute. Damals wollten die Menschen einen Esstisch fürs Esszimmer, einen Küchentisch für die Küche und einen Schreibtisch für ihr Büro. Heute bildet ein großer Tisch das Zentrum eines Wohnraums, an dem sich alles verbindet. An dem Menschen sich begegnen. Wir sprechen immer häufiger von Open House-Plänen. Da steht der Esstisch eben wieder in der Küche und kann tagsüber als Schreibtisch dienen. Der Essenza wuchs quasi mit seinen Aufgaben. 

Durch die Zusammenarbeit

mit Apple begann sozusagen ihr

zweites Leben.

Werkstatt
Werkstatt

Die Modelle führen mich zum Material. Neben Epoxid, Metall und Leder bleibt der Fokus bei ARCO auf Holz. Und das stammt bevorzugt aus regionalen Wäldern. Wie kam es dazu?

Es begann damit, dass ich mit meinem Vater einen unserer Holzlieferanten besuchte. Ich erfuhr, dass all das Holz in unserer Produktion aus Frankreich, Süddeutschland und Tschechien stammte. Die Regionen liegen zwar alle in Europa, aber doch relativ weit weg von unserer Fertigung. Mein Vater wollte eben nur die beste Holzqualität haben, die in Europa zu finden war. – Das passt aber nicht mehr in die moderne Zeit. Holz ist eine begrenzte Ressource. Vor allem Eichenholz. Dafür hat mein Vater einst weite Wege akzeptiert. Ich dachte mir: Können wir nicht einfach nach dem Bestem suchen, das es in unserer Umgebung gibt? Da musste doch auch tolles Holz zu finden sein. Mir war ja klar, dass Holland nicht gerade berühmt für Holz ist …

Landschaft
Landschaft

Sie haben ja auch keinen Schwarzwald …

Natürlich. Und wir sind nicht gerade Genies in Forstwirtschaft. Trotzdem habe ich die Herausforderung angenommen und tatsächlich eine regionale Versorgungskette aufgebaut.

Und wie?

Natürlich musste ich dafür die Niederlande verlassen. Aber unser Werk liegt nah an der Grenze zu Deutschland. Und dort gibt es tolles Holz. Das ist für mich eine Region.

Und aus diesem Holz fertigt ARCO Tische, die Generationen verbinden … Warum ausgerechnet Tische?

Das war ein Entwicklungsprozess. Wir haben mit Bilderrahmen aus Holz angefangen. Danach folgten kleine Wohn-Accessoires und Aufbewahrungsobjekte. Wir landeten schließlich bei Kaffeetischen und Esstischen. Irgendwann entschied die Familie: Lasst uns auf das konzentrieren, was wir am besten können. Das ganze Leben findet an Tischen statt. Wir beiden sitzen hier wie selbstverständlich an einem Tisch. Arbeiten, essen, lesen, alles passiert an Tischen. Ein Tisch verleiht ein heimeliges Gefühl.

Aufsicht
Aufsicht

Schönes Stichwort: Was bedeutet für Sie zu Hause zu sein

Ich liebe den Surfsport, dabei kann ich total entspannen. So wohl fühle ich mich ansonsten nur, wenn ich mit meiner Familie am großen Tisch vor unserer offenen Küche zusammensitze. Da passiert so viel Schönes. Meine Söhne sind jetzt drei und fünf Jahre alt. Aber ich will ganz ehrlich sein. Ich liebe auch den Moment, wenn die Jungs im Bett sind und ich einfach mal in Ruhe Musik hören kann. 

Esstisch
Esstisch

Lasst uns auf das Konzentrieren,

was wir am besten können.

Werkstatt
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