Dietrich F. Brennenstuhl hat sein 1988 in Stuttgart gegründetes Unternehmen Nimbus mit viel Gespür für technische Innovationen zu einem der bekanntesten deutschen Leuchtenherstellern gemacht. Bereits Anfang der 2000er-Jahre erkannte der gelernte Werkzeugmacher und studierte Architekt die Möglichkeiten von LED. Kurze Zeit später wurde Nimbus weltweit einer der ersten Hersteller von LED-Leuchten. Gerade beweist Dietrich F. Brennenstuhl erneut Pioniergeist und setzt auf kabelloses Licht. Warum? Das und viele weitere Fragen beantwortet der Geschäftsführer der Nimbus Group ausführlich im Interview mit Barbara Benz.
Die Zukunft leuchtet kabellos
Barbara Benz: Dieses Jahr feiern Sie den 30. Geburtstag Ihres Unternehmens. In den 80er Jahren haben Sie in einer Garage angefangen? Ein Gründungsmythos?
Dietrich F. Brennenstuhl: Nein, kein Mythos. Das entspricht der Wahrheit. Wobei die allerersten Leuchten sind sogar noch im Studierzimmer in meinem Elternhaus entstanden. Später habe ich dann meinen Arbeitsplatz in die Garage verlegt.
Was war Ihr erstes Projekt als Lichtdesigner? War die Nimbus-DNA schon zu erkennen?
Das kann man so nicht sagen, bei mir lief das eher spielerisch ab. Noch während des Studiums habe ich die ersten Leuchten entwickelt. Das nötige Handwerkszeug lieferte mir hierzu meine Ausbildung zum Werkzeugmacher, die ich vor dem Architekturstudium absolviert hatte. Mein erstes größeres Projekt war ein Halogenleuchtensystem, das ich für eine Galerie entwickelt habe. Eine Bekannte hatte mich noch während des Studiums mit deren Umbau beauftragt. Für die Halogensysteme, die schon auf dem Markt waren, reichte das Budget nicht aus. Also entwickelte ich eine eigene Lösung. Einige Besucher der Galerie waren davon so begeistert und erteilten mir Folgeaufträge. Daraufhin entschloss ich mich, die Leuchte in Kleinserie zu produzieren und ein Gewerbe anzumelden. Das war der Startschuss für Nimbus.
MICH FASZINIERTE VOR ALLEM DIE NICHT VORHANDENE WÄRMEENTWICKLUNG. IM BEREICH DER HALOGENLAMPEN HATTEN WIR IMMER MIT DEM THEMA HITZE GEKÄMPFT.
Noch immer gibt es einige Kunden, die dem Thema LED skeptisch gegenüberstehen. Wie können sie überzeugt werden?
Wir laden alle Skeptiker in unser Mock-Up (Herzstück und Showroom der Nimbus Group in Stuttgart, Anmerkung der Redaktion) ein. Hier haben wir unter anderen einen Vergleichsraum, der symmetrisch aufgebaut ist. Auf der einen Seite sind Halogenleuchten und Energiesparlampen angebracht, auf der anderen Seite LEDs. Auf beiden Seiten wird der Stromverbrauch gemessen. Wir hatten schon sehr interessante Gespräche mit Skeptikern, die mir schließlich mit Handzeichen auf das LED-Licht gesagt haben, dass das Halogenlicht eben doch sehr viel schöner sei.
Sie waren auch einer der ersten, der an die Möglichkeiten der LED-Technik geglaubt hat, während viele andere Hersteller das Licht als zu kalt empfunden haben. Was hat Sie an LED von Anfang an fasziniert?
Ja, wir haben uns bereits seit 1999 intensiv mit der LED-Technologie auseinandergesetzt. Obwohl am Anfang kaum Licht aus diesen Leuchtdioden herauskam, habe ich früh gemerkt, dass hier gestalterisch etwas ganz Neues entstehen kann. Mich faszinierte vor allem die nicht vorhandene Wärmeentwicklung und damit die hohe Effizienz. Im Bereich der Halogenlampen hatten wir immer mit dem Thema Hitze gekämpft. 2005 war es dann so weit, dass die LEDs eine entsprechend hohe Lichtqualität erreicht hatten und wir die ersten LED-Leuchten auf den Markt bringen konnten. 2007 haben wir unser erstes Großprojekt realisiert: die Handelskammer in Hamburg, die nach den Plänen des Stuttgarter Architekten Stefan Behnisch gestaltet wurde. Als eines der ersten Bürogebäude weltweit wurde der Neubau ausschließlich mit energiesparenden smd- LEDs beleuchtet. Über 160.000 dieser LEDs wurden über die fünf Ebenen eingeplant.
Auf Ihrer Homepage schreiben Sie: „Anders. Das Unternehmen Nimbus Group ist anders als viele andere Unternehmen.“ Dazu gehört bestimmt auch der Umgang mit den Mitarbeitern. Man spricht ja auch von der Nimbus-Family. Gibt es noch das Frühstück für alle Mitarbeiter oder war das eher der Starting-Spirit?
Das Frühstück für alle gibt es nach wie vor. Ich habe damit vor über 30 Jahren mit meinem damaligen Partner angefangen. Dann kamen immer mehr Mitarbeiter dazu. Irgendwann reichte der Platz nicht mehr aus, und wir haben in Schichten gefrühstückt. Dies widersprach aber dem Grundgedanken, dass alle zusammenkommen. Vor drei Jahren bauten wir deshalb eine neue Kantine, in der 160 Leute gemeinsam frühstücken können. Dort treffen sich heute alle Mitarbeiter um zehn. Die Tische sind dann bereits eingedeckt mit Tee, Kaffee, Brot und 20 verschiedenen Marmeladensorten. Das Positivste ist, dass nicht die einzelnen Abteilungen zusammensitzen, sondern jeder mit jedem kommuniziert. Oft bleiben einige Mitarbeiter sitzen, um sich auszutauschen. Daher können wir uns bei der Nimbus Group aufwendige Meetingpoints, wie sie andere Firmen haben, sparen.
Zu Ihrem Unternehmen gehört auch die Marke Rosso, die für hochwertige Beschattungs- und Raumgliederungssysteme inklusive integrierter Akustiklösungen steht. Wie kam es dazu?
Der Ursprung war ein ganz banales Thema: Anfang der 90er Jahre, noch während meiner aktiven Architektenzeit, benötigte ich während des Umbaus einer Villa ein Vorhangsystem aus Edelstahl. Mir ge elen aber die auf dem Markt verfügbaren Modelle nicht, also haben wir unser eigenes Schienensystem entwickelt und später auf der Messe gezeigt. Über die Jahre entstand dann daraus ein Programm mit Vorhangfolien und Raum-teilern aus Kunststo und Textilien. Ein wichtiger Schritt war dabei eine Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik in Stuttgart. Hieraus hat sich dann das Thema Akustik und Schallschutz immer weiter entwickelt.
Sie selbst sind Werkzeugmacher und Architekt. Würden Sie diese Kombination heute jungen Menschen auch empfehlen?
Auf jeden Fall. Ich verstehe sowieso nicht, dass sich junge Menschen heute diesem Stress aussetzen – mit 17 Abitur, mit 22 Jahren dann der Studienabschluss. Die Lebenszeit verlängert sich doch sowieso. Meiner Meinung ist es auch verlorene Zeit oder nicht gelebte Zeit, wenn man sich nicht eine Lehre gönnt, um tiefer in ein Thema einzusteigen und die Praxis zu erleben. Später kommt dann die Theorie durch das Studium hinzu, damit eröffnet sich ein ganz anderes Spektrum. Ich würde heute noch einmal alles genauso machen.
ICH VERSTEHE SOWIESO NICHT, DASS SICH JUNGE MENSCHEN HEUTE DIESEM STRESS AUSSETZEN – MIT 17 ABITUR, MIT 22 JAHREN DANN DER STUDIENABSCHLUSS.
Designed und manufactured in Stuttgart – wird dies auch in Zukunft so bleiben oder könnte Nimbus auch eines Tages in Asien produzieren?
Was die Zukunft bringt, wissen wir nicht genau. Ein Stück weit ist es unvermeidbar, Elemente aus Asien zu beziehen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Wir beziehen auch schon heute die LEDs aus Asien und haben eine kleine Produktion in Asien. Generell ist es bei uns so, dass wir eine geringe Fertigungstiefe haben, das heißt, wir beziehen die Einzelteile extern, lassen sie einer Qualitätsprüfung unterziehen und bauen sie dann hier in Stuttgart zusammen.
Zu Ihrem Markenkern zählt auch umweltbewusstes Wirtschaften. Könnten Sie uns hierfür ein Beispiel nennen?
Das deutlichste und sichtbarste Beispiel ist sicher unsere Solaranlage auf dem Dach. Wir versuchen aber auch innerhalb des Gebäudes sehr umweltbewusst zu arbeiten. Dazu gehört zum Beispiel auch, dass wir Papier zu vermeiden versuchen. Natürlich ist unser Beitrag zum Umweltschutz, dass wir Produkte produzieren, die wenig Strom verbrauchen.
Licht und Akustik – wachsen diese Produktwelten auch optisch zusammen?
Ja, mit unserem neuen Lighting Pad ist es uns zum ersten Mal gelungen, Nimbus und Rosso zu verschmelzen. Das freut mich natürlich sehr. Die Lighting Pads besitzen die gleiche akustische Wirksamkeit wie die Rosso-Akustikpads. Zugleich sind nahezu unsichtbar Nimbus-LEDs eingesetzt, die de nierte Raumzonen in atmosphärisches, qualitätsvolles Licht tauchen.
Vor über zehn Jahren gehörten Sie zu den Pionieren in der LED-Beleuchtung, 2015 haben Sie die kabellose Roxxane Fly auf den Markt gebracht. Sie soll die „new era of light“ einläuten.
Ja, wir sprechen mit einem gewissen Selbstbewusstsein von der „new era of light“, denn wir haben mit der Roxxane Fly eine neue Tür aufgestoßen und erahnen ein großes Potenzial für die Zukunft. Sicher, es gibt sogar im Baumarkt kabellose Leuchten, die mit Solarenergie betrieben werden. Aber sie funzeln so vor sich hin und geben nicht mehr Licht als eine Kerze. Unser Anspruch war es, eine vollwertige Leuchte zu konstruieren. Die Roxxane Fly hat 800 Lumen, ist also sehr hell und leuchtet mindestens 10 Stunden. Die Erfahrungen, die wir dabei im Bereich der Elektronik und Akkusteuerung sammelten, sind dann später alle in die Lese- und Tischleuchte Roxxane Leggera eingeflossen. Hier konnten wir sowohl die Akkulaufzeit als auch das Thema Ladekomfort deutlich verbessern.
Ende 2017 kam die Winglet-Wandleuchte auf den Markt. Sie kann ohne Installationsaufwand überall positioniert werden und setzt noch mal ganz neue Maßstäbe.
Was hat Sie dazu inspiriert eine kabellose Leuchte zu entwerfen?
Der Wunsch nach kabellosem Licht treibt mich schon lange um. Ich habe aber selbst einige Zeit gebraucht, bis mir klar war, dass es aufgrund des geringen Stromverbrauchs der LED-Leuchte funktionieren müsste, diese Leistung mit einem relativ kleinen Akku rauszuholen. Bei meinen Elektronikern musste ich aber erst einmal Überzeugungsarbeit leisten. Als ich mit der ersten Skizze ankam, wollte die Leuchte keiner bauen. Also habe ich mich selbst ein Wochenende lang hingesetzt.
Aber gab es dabei für Sie diesen einen Moment, in dem Ihnen plötzlich klar war, ich muss jetzt unbedingt eine Leuchte ohne Kabel bauen?
Ja, den gab es tatsächlich. Genauer gesagt, waren es zwei prägende Situationen bei mir zu Hause. Zum Beispiel immer dann, wenn ich an Sommerabenden Licht auf meiner Terrasse benötigte und hierfür erst einmal aufwendig mit einem Verlängerungskabel meine Leseleuchte draußen positionieren musste. Oder wenn ich im Wohnzimmer die Stehlampe dort in Position gebracht hatte, wo ich sie gerade haben wollte, und sich dabei das Kabel quer durch den Raum spannte. Am nächsten Morgen hat sie dann meine Frau wieder aufgeräumt, damit sie nicht zur Kabelstolperfalle wurde. Dieses Spiel ging über Jahre.
Der Schauspieler und Stuttgarter Tatort-Kommissar Richy Müller ist Markenbotschafter von Nimbus. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Wir haben uns vor drei Jahren beim Porsche Sports Cup kennengelernt. Nimbus war hier Sponsor, Richy Müller fährt hier seit Längerem als Pilot mit. Richy Müller und ich haben uns gleich sehr gut verstanden. Nachdem eine sehr freundschaftliche Ebene entstanden ist, beschlossen wir, ihm ein Auto zu branden. Schön ist auch, dass Richy Müller die Roxxane Fly auf seine Lesungen mitnimmt.
Gibt es ein Projekt, das Sie gerne einmal gestalten würden?
Ich würde sehr gerne das Thema Stadtbeleuchtung weiter vorantreiben. Wir haben in der Vergangenheit bereits Projekte in Stuttgart realisiert und unsere großen Schirmleuchten an verschiedenen Plätzen aufgestellt. In Stuttgart könnte man aufgrund der Hügellage interessante Leuchtpunkte setzen. Ich habe mir aber auch schon überlegt, mit unserer neuen Wandleuchte Winglet, die eine Bewegungssensorik hat, eine Performance rund um die Bärenseen zu veranstalten. Man könnte 500 von diesen Leuchten in den Bäumen anbringen. Sobald Leute vorbeiflanieren, würden sie angehen. Dieses Lichtspiel könnte man über sechs Kilometer inszenieren. Das würde bestimmt toll aussehen.
Apropos Stuttgart, haben Sie eigentlich einen Lieblingsplatz in Stuttgart?
Ja, daheim auf der Terrasse.
Und wenn Sie doch einmal ausgehen, gibt es vielleicht eine Lieblingsbar?
Da kann ich nichts dazu sagen. Aus dieser Szene habe ich mich komplett zurückgezogen. Doch warten Sie, vor einiger Zeit war ich mal im Gerber-Viertel in einer Bar, die hat mir gut gefallen. Die hieß ... (überlegt)
Paul & George?
Ja, genau das Paul & George.
Haben Sie einen persönlichen Favoriten unter den Nimbus-Leuchten?
Die Roxxane Leggera ist momentan mein absoluter Favorit. Da steckt sehr viel drinnen. Sie markiert den Paradigmenwechsel hin zum kabellosen Licht.