DER GANZ NORMALE WAHNSINN DAS WAR DER SALONE DEL MOBILE 2025

Auch dieses Jahr war die Mailänder Möbelmesse ein Event der Superlative. Welche Trends und Designs architare Chefin Barbara Benz und ihr Team aus der Masse herausgepickt haben, erfahren Sie hier.

Der große Über-Trend ist eigentlich ziemlich paradox. Trend ist, dass es keinen wirklich neuen Trend gibt. „Für mich gab es allerdings auch eine Ausnahme“, erklärt Barbara Benz begeistert. „Während andere Firmen sich eher auf Stoffe und Farbvarianten konzentriert haben, hat Walter Knoll eine Neuheit herausgebracht, die für eine große Überraschung gesorgt hat“. Das modulare Sofasystem Molamisa ist eine so lässige wie bequeme Insel, die mit ihrer Geometrie, den verstellbaren Lehnen und unterschiedlichen Sitztiefen immer wieder neue Ansichten liefert.
Ein Conversation Pit, der den gemeinsamen Austausch fördert und doch Raum für individuelle Vorlieben lässt. Die Ippolito Fleitz Group setzte Molamsia und weitere Neuheiten zur Möbelmesse unter dem Motto „Threads of Creation“ angemessen in Szene – inmitten von unzähligen Bändern, Seil-Skulpturen und Fäden.

 

Das modulare Sofasystem Molamisa von Walter Knoll mit flexiblen Rückenteilen und Lehnen.
Das modulare Sofasystem Molamisa von Walter Knoll mit flexiblen Rückenteilen und Lehnen.

 

 

 

Der temporäre Showroom von Walter Knoll zur Milan Design Week 2025. (Foto: Christina Pearce)
Der temporäre Showroom von Walter Knoll zur Milan Design Week 2025. (Foto: Christina Pearce)

 

 

Formen zum Fühlen

Generell verstärkt sich der Hang zu rohen, ursprünglichen, unperfekt und damit „echt“ wirkendenden Oberflächen immer weiter. Handwerklichkeit soll man sehen. Die Gründe liegen vermutlich in den großen gesellschaftlichen Entwicklungen begründet. Das Digitale, das oft spiegelnd, glatt und – wenn man an KI Bildkreationen denkt – oft perfekt daherkommt, verlangt nach der Antithese. Einer Welt, einem Zuhause, das man faktisch spüren kann, das auch mal Reibung erzeugt. Etwa mit ungeschliffenem Holz, faszinierend geäderten Steinoberflächen, Tapeten und Stoffen mit Struktur.

Selbst Spiegel werden in der Fläche gebrochen und avancieren vom Nutzgegenstand zum Centerpiece. Chrom und Aluminium, die in den vergangenen Jahren ein großes ästhetisches Comeback gefeiert haben, werden jetzt gebürstet, verdreht oder mit einer rauen, oft unregelmäßigen Struktur versehen. „Das Neuartige steckt im Detail“, sagt architare Expertin Barbara Benz.

Designer Paul Cocksedge schuf Spiegelserie „Squasch“ für Magis. (Foto: Valentina Casalini)
Designer Paul Cocksedge schuf Spiegelserie „Squasch“ für Magis. (Foto: Valentina Casalini)

 

Doch gemütlich soll es bitte auch bleiben. 

Zur roughen Oberfläche und einer oft brutalistischen Formensprache wird auch der Gegentrend gespielt: Weiche Linien, die im aktuellen Möbeldesign oft arkadenähnlich und verdreht ausfallen oder organisch unregelmäßig fließen. Auch die Farben suggerieren Wärme. „Terrakotta, bereits seit Jahren ein Thema, ist genauso präsent wie alle weiteren Erdtöne, Orange und insbesondere starkes Rot von Poppy Red zu tiefem Ochsenblut“, fasst Barbara Benz zusammen. 

All diesen Tendenzen ist gemein, dass sie ihre Vorbilder in der Natur finden. Biophiles Design auf allen Ebenen. Als Kontrastfarbe hält noch immer Yves Klein Blau her, ein intensiver Ton, dessen Langlebigkeit eher überrascht.

 

 

Weich fließende Formen: die Sofamodelle von Moroso: Me-Time ...
Weich fließende Formen: die Sofamodelle von Moroso: Me-Time ...
oder Gruuvelot. (Fotos: Lorenzo Bacci)
oder Gruuvelot. (Fotos: Lorenzo Bacci)
Frische Farben der neuen Vitra Home Selection mit Stoffen von Dedar und Kvadrat.
Frische Farben der neuen Vitra Home Selection mit Stoffen von Dedar und Kvadrat.
Ein Sofa wie ein Michelin-Männchen: Biboni von Knoll International. (Foto: Courtesy of Knoll)
Ein Sofa wie ein Michelin-Männchen: Biboni von Knoll International. (Foto: Courtesy of Knoll)

 

Salone del Mobile oder The Show Must Go On

Doch Mailand wäre nicht Mailand, wenn es hier nur um Neuheiten und Kollektionen ginge. Der Reiz der größten Möbelmesse der Welt liegt in ausgefallenen Ideen und der guten Show begründet, mit der sich Hersteller, Designer und Studios Jahr für Jahr überbieten. Während Ausstellungsplattformen wie die Collectible Design Galerie von Rossana Orlandi oder das junge Format Alcova allein schon durch die ungewöhnliche Architektur punkten, setzen die Aussteller im Designviertel Brera auf spektakuläre Inszenierungen, um die mitunter langen Schlangen vor den Showrooms nicht zu enttäuschen.

Genau hier überzeugte auch der Pop-up-Showroom von Walter Knoll mit Faden-Vorhängen und Seil-Skulpturen. Hermès lud schräg gegenüber in eine clean-minimalistische Parallelwelt. Und Dimorestudio machte die Inszenierung selbst zum Thema, wenn im cinematisch inszenierten Loro Piana Space nach vier Minuten wieder das Licht ausging. dessen Langlebigkeit eher überrascht.

Wie im verlassenen Filmset: Einen Hype landete das Designstudio Dimoremilano mit der Schau „La Prima Notte di Quiete“. (Foto: Andrea Ferrari)
Wie im verlassenen Filmset: Einen Hype landete das Designstudio Dimoremilano mit der Schau „La Prima Notte di Quiete“. (Foto: Andrea Ferrari)

 

Hier zeigt sich auch eine Tendenz, die man als eine Art neuen Historismus begreifen könnte.
Dimorestudio steht für den Inbegriff des aktuellen italienischen Stils, der Modernes gerne auch mit Klassischem wie Säulen, Statuen oder Louis-Seize-Formensprache vereint.
Damit steht er sinnbildlich eben für das, was (nicht) ist. Der große Trend unserer Zeit ist, dass Trends relativ sind. Zeitgemäß einrichten folgt der Devise: Alles kann, nichts muss.
Der oberste Stil-Richter ist nur das Gefühl.

 

 

Naturtöne und schwungvolle Linien zeigte MDF Italia. (Foto: Thomas Pagani)
Naturtöne und schwungvolle Linien zeigte MDF Italia. (Foto: Thomas Pagani)
High-Performance-Material mit natürlicher Anmutung: Kollektion Mymi von Dedon. (Foto: Dedon)
High-Performance-Material mit natürlicher Anmutung: Kollektion Mymi von Dedon. (Foto: Dedon)
Ronan Bouroullec gestaltete Tisch Treflo mit fließendenden Formen für Cassina, hier in Lackrot. (Foto: Simone Barberis)
Ronan Bouroullec gestaltete Tisch Treflo mit fließendenden Formen für Cassina, hier in Lackrot. (Foto: Simone Barberis)
Forscarini legte mit Allumette für eine moderne Interpretation des klassischen Lüsters vor. (Foto: Giuliano Koren)
Forscarini legte mit Allumette für eine moderne Interpretation des klassischen Lüsters vor. (Foto: Giuliano Koren)
Collectible Design mit archaischer Anmutung, in der Galerie Del- vis Unlimited ausgestellt. (Foto: Pier Carlo Quecchia / dsl_Studio)
Collectible Design mit archaischer Anmutung, in der Galerie Del- vis Unlimited ausgestellt. (Foto: Pier Carlo Quecchia / dsl_Studio)
Touch of Red: Sebastian Herkners neue Aristo Chairs zur Di- ning-Version des Bell Tables. (Foto: Fabian Frinzel / ClassiCon)
Touch of Red: Sebastian Herkners neue Aristo Chairs zur Di- ning-Version des Bell Tables. (Foto: Fabian Frinzel / ClassiCon)
Passt gut in brutalistische Architektur und Formensprache: D’Urso Occasional Table von Knoll International. (Foto: Courtesy of Knoll)
Passt gut in brutalistische Architektur und Formensprache: D’Urso Occasional Table von Knoll International. (Foto: Courtesy of Knoll)
Glossy Burgunder: Modeikone Jil Sander interpretierte Marcel Breuers Klassiker-Freischwinger S64 neu. (Foto: Hartmut Nägele / Thonet)
Glossy Burgunder: Modeikone Jil Sander interpretierte Marcel Breuers Klassiker-Freischwinger S64 neu. (Foto: Hartmut Nägele / Thonet)
In Kooperation mit der Albers Foundation schuf Stoffweber Dedar mit „Weaving Anni Albers“ eine respektvolle, authentische Hommage an die große Gestalterin. (Foto: Ilaria Orsini)
In Kooperation mit der Albers Foundation schuf Stoffweber Dedar mit „Weaving Anni Albers“ eine respektvolle, authentische Hommage an die große Gestalterin. (Foto: Ilaria Orsini)
Container-Stapel aus Ivy in Schwarz und Zement. (Foto: Schönbuch)
Container-Stapel aus Ivy in Schwarz und Zement. (Foto: Schönbuch)
Zugewandt: Auch B&B Italia formt Sofalandschaften, die für das Miteinander gedacht sind. (Foto: Federico Cedrone)
Zugewandt: Auch B&B Italia formt Sofalandschaften, die für das Miteinander gedacht sind. (Foto: Federico Cedrone)
Wirkt fast wie gepolstert: Sideboard Tacito von Alessandro Stablie für Magis. (Foto: Valentina Casalini)
Wirkt fast wie gepolstert: Sideboard Tacito von Alessandro Stablie für Magis. (Foto: Valentina Casalini)
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